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und in Sachen Schnaps ein Experte.

 
Ich mag Kevelaer-Kapellen! Besonders das Liedermacherfestival, das jährlich auf Willems Bauernhof stattfindet. Ich finde kaum Worte, die beschreiben können, was fernab von jeder Realität auf diesem kleinen Bauernhof in der Nähe von Geldern passiert.
Es ist Freitagnachmittag, man ist auf dem Weg Richtung Geldern und freut sich, wieder dahin zu fahre. So genau, was passieren wird, weiß man noch nicht, fällt wieder jemand in den Teich, wird Norman auftreten, wenn ja, wird’s so grandios wie letztes Jahr? Ist das letzte Jahr überhaupt noch zu schlagen oder ist das gar nicht erstrebenswert? Man macht sich doch vieles einfach nur kaputt, wenn man anfängt zu vergleichen, also abwarten, was kommt.
Bevor ich in Kevelaer ankomme, bin ich noch bei einem alten Freund aus Marburg eingeladen, der Willem noch aus seiner Jugendzeit kennt und erzählt mir eine unglaubliche Geschichte, wie Hubschrauber, SEKs das Hängebauchschwein von Willem gesucht haben, das angeblich tollwütig sei und zwei Bullen umgebracht hätte und seit dem auf der Flucht sei. Es sei dann im Kreuzfeuer gestorben. In der rheinischen Post gab?s ein Foto eines Polizisten in Jägerpose, ein Bein auf dem Schwein und im Ellebogen gestützt das Gewehr haltend.
Das ist die eine Realität. die andere findet man, wenn man ca. 200 Meter den staubigen Feldweg zu Willems Bauernhof fährt, Resultat: schlagartige Entspannung. Ich hab mich auf diese Ruhe, auf dieses Wochenende seit dem letzten Jahr gesehnt, fast seit dem Augenblick, als ich wieder auf die Straße nach hause fuhr und wieder umdrehen wollte, zurück auf den Hof. Ich fühle mich, wie soll ich das jetzt genau beschreiben, meine sprachlichen Fähigkeiten reichen da gerade einfach nicht aus, also so ein Gefühl, wie damals, als die Schule ausfiel, weil ein Lehrer krank war, die Welt ist dann einfach in Ordnung.
Die ersten alten Bekannten begrüßen mich, während ich mein Zelt raushole und beim Aufbauen schwitze, ich weiß, dass das das (ein Wahnsinnssatzaufbau!) letzte Mal sein wird, dass ich mich an diesem Wochenende anstrengen muss.
Ich schau mich um, super Wetter, wie jedes Jahr, schlechtes Wetter wird vorrausgesagt, aber kein Tropfen wird den Himmel verlassen, es sei an dieser Stelle schon mal bemerkt, dass es auch so gebelieben ist. Ich treffe Norman, er erzählt, dass alte Freunde aus seiner Internatszeit aus Essen kommen, gibt’s etwa noch mehr Menschen wie Norman?
Überall um mich rum wird gegrillt, viele spielen Gitarre oder sitzten rum genießen es da zu sein, rauchen, trinken Bier und warten, dass es losgehen kann.
Und dann geht es endlich los, wie jedes Jahr moderiert Walter Stehling das Festival als Liedermacher-Niedermacher in einer herausragenden Art und Weise, spontan, trocken, aber äußert lustig. Traditionell beginnt Willem das Festival und singt über das obenerwähnte Schwein!
Es ist unglaublich schwer über alle Künstler, die aufgetreten sind, zu berichten, deshalb konzentriere ich mich auf die Höhepunkte:
der Liedermacher-Niedermacher tut seine Pflicht, sagt das, was wir hören wollen, uns aber nicht trauen zu sagen, wenn der jenige, der aufgetreten ist, nicht den Anforderungen des geschulten Liedermacherfangehör entspricht. "Irgendwann, wenn ich mal Geld haben sollte, kaufe ich mir einen Berg Gitarren, die verbrenn ich dann, nur so aus Spaß!"
Es ist ein schönes Konzept, dass nur drei Songs gespielt werden können, so wartet man gespannt auf den Liedermacher-Niedermacher, was der zu sagen hat und man muss nicht so lange auf was besseres warten.
Und dann kam Troubadix Caruso: DIE Zukunft des deutschen Schlagers, angezogen wie ein Mallorcaurlauber, auch die Ansage von Walter Stehling ließ nur erwarten, das wird jetzt richtig schlecht! Er spielt kein Instrument, sondern macht Playback: Schlagermusik! Es geht los, das erste Lied, erstes Zögern, ist das wirklich so schlecht und dann der Refrain. Unfalltime ist Partytime. Ich kann kaum noch vor lachen. Er singt weiter: Leichenteile im Volkornmüsli! Unglaublich.
Weiterer Höhepunkt, Sven Panne, Klavierspieler, das erste mal dabei, singt ein bisschen wie Rio Reiser, was es wirklich nicht schlechter macht, echt wunderbar. Spät am Abend gab es auch noch eine Feuershow von Lemmi, unbeschreiblich schön, dann dieses Geräusch, das von den beschleunigten Fackeln kommt, weil das Feuer die Luft förmlich auffrisst, man sieht nur noch Feuerringe. Wahnsinn, noch eindrucksvoller als mein Bericht darüber! Noch ein Highlight bahnte sich an, Katze Klose betritt das erste mal die Bühne und singt November Rain.

Samstag, abgammeln, Musik machen, Schlafen, Kaffee trinken und Pizza bestellen. Wir essen die Pizza. Ich höre Punkmusik, die Platte erkenne ich sofort, esse schnell auf, laufe zum Festivalgelände, Willems Sohn macht den DJ, ich breite meine Arme aus und beginne mitzugröhlen: „Was ist nur passsiert, dass du dein Haar nicht mehr frisierst, das du nicht mehr nach Deo Roller riechst und den Friseurtermin vergisst.“ Was ist das? Einige fragen: Es ist die Deutschpunkband Knochenfabrik mit Ihrem Debutalbum „Ameisenstatt“. „Die Gesellschaft macht Dich krank, Du bist ein Punk!“ Danach noch andere Punkrockklassiker, Saufen Saufen, jeden Tag nur Saufen!
Abends wieder Highlights, Manfred Terzog legt vor, Wahnsinn, „er hat Ufos gesehen, darum hat er sein Abitur nicht geschafft“...
„Wo kommt ihr her“ höre ich den Liedermacher-Niedermacher fragen. „Enschede“ „Enschede?! Kenn ich! 107 Tote, aber ihr habt überlebt, sonst wärt ihr nicht da, na ja, es trifft immer die Falschen!“ Es waren Straßenmusiker, begnadet gut!
Wie hieß eigentlich das Hamburger Mädchen mit dem Affärensong? Kann mir da vielleicht mal jemand nen Link in mein Gästebuch schicken, die fand ich echt klasse!
Rüdiger Bierhorst machte mit fünf Liedern für seine noch nicht fertige, aber sicher ganz bald rauskommende Cd, Werbung. Er ist und bleibt der heimliche Stern von Liedermaching, der immer über Kevelaer stehen wird.
Dann weiß ich gar nicht mehr, wie es dazu kam, Katze Klose lümmelte sich hinten auf der Couch auf der Bühne, hatte plötzlich das Mikro in der Hand und freestylte los, vorher hat er noch 1,2,3 Oberkörper frei bei Strom und Wasser getanzt und jetzt das. Norman traut sich kaum aufzutreten, nachdem er stundenlang sein Gras gesucht hatte. Was ging da eigentlich ab? Ich saß in sicherer Entfernung neben Fred Timm, der mich beim Lachen dauernd anstieß, weil es so lustig war. Ich konnte auch nicht mehr, was ist passiert, wie? Was war das für ein Kino? Ich stellte fest: das glaubt mir eh keiner, egal, wie es das später beschreibe. Ein krasser Film, ich am Rand, bin nur Scheißstatist und ne Wiederholung davon gibt’s leider auch nicht, ich hoffe, es gibt irgendwann mal ein best of von den Leuten, die es aufgenommen haben (hallo Holger!), so ne Art Kevelaer Soap mit der Starbesetzung Norman Schu, das Kangaru und Traumpartner Katze Klose...

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P-mel meinte am 3. Aug, 17:50:
Troubadix Caruso
es waren Leichenteile im Vollkornmüsli :-) 
 

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